Gerade hat sich das Stillen eingependelt und plötzlich schreit Dein Baby, wenn Du es anlegen möchtest. Bei diesem Phänomen handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen Stillstreik. Welche Ursachen können dahinterstecken?

Stillstreik: Ein temporäres Phänomen, das häufig auftritt

Gerade hat sich das Stillen eingependelt und plötzlich ändert sich von dem einen auf den anderen Tag alles: Das Baby schreit, wenn die Mutter es anlegen möchte und das Stillen wird zur regelrechten Geduldsprobe. Zwischen dem dritten und achten Monat kann eine Phase auftreten, die das Stillen vorübergehend erschweren kann: Die sogenannte Brustschimpfphase, oder auch Stillstreik genannt. Hierbei verwehrt das Kind plötzlich die Brust, stößt sich weg und beginnt zu weinen, wenn die Mutter es anlegen möchte. Mütter sind oftmals verunsichert und besorgt, wenn das Baby plötzlich nicht mehr an die Brust will. Der Stillstreik ist ein Phänomen, das häufig auftritt und meist wieder so plötzlich vergeht, wie es gekommen ist. 

Welche Ursachen kann ein Stillstreik haben?

Für das Verweigern der Brust kann es viele verschiedene Ursachen geben und ist von Situation zu Situation unterschiedlich. Die häufigsten Gründe haben wir für Dich aufgelistet.

Zu viele Umweltreize im Entwicklungsschub

Dein Baby befindet sich mitten in einem wichtigen Entwicklungsschub, in dem lauter neue Reize auf es einprasseln. Es nimmt seine Umwelt immer deutlicher wahr und damit auch verschiedene Einflüsse, die alle seine Sinne betreffen. Verschiedene Geräusche, Gerüche und Co. können plötzlich überwältigend für Dein Baby sein, da es in einer Phase ist, in der es erst noch lernen muss, die neu erfassten Reize zu verarbeiten. Es kann zu einer regelrechten Reizüberflutung kommen, die Dein Baby quasi vom Trinken ablenkt. Auch weitere Reizfaktoren können sich unter Umständen in dieser Phase negativ aufs Stillen auswirken, z.B. wenn Du plötzlich anders riechst, beispielsweise durch ein neues Parfüm oder Waschmittel, oder Du etwas gegessen hast, dass den Geruch und Geschmack der Muttermilch ändern kann. Für Dein Baby kann dies erstmal irritierend sein und die sonst so heiß begehrte Brust wird aus lauter Aufregung verschmäht. Da Babys tagsüber viel mehr Reizen ausgesetzt sind als abends, tritt die Brustverweigerung häufig nur tagsüber auf. In manchen Fällen kann das Kind aber auch über Tage hinweg das Stillen gleichermaßen verweigern. 

Hier hilft es, deutlich mehr Reize aus dem Alltag zu nehmen, um es Deinem Baby einfacher zu machen. Trage wenig bis kein Parfüm, vermeide Stress (z.B. zu viel Besuch und dadurch zu viele Einflüsse) und ziehe Dich zum Stillen in einen ruhigen Raum zurück, der relativ reizarm ist. Hierzu kannst Du abends z.B. das Licht dämmen und das Fenster schließen, um Verkehrsgeräusche o.ä. zu vermeiden.

Hyper- und Hypogalaktie

Ein zu stark ausgeprägter Milchspendereflex (Hypergalaktie) als auch ein zu minder ausgeprägter (Hypogalaktie) können dem Baby das Trinken erschweren. Bei der Hypergalaktie gibt es ein Überangebot an Muttermilch, etwa 60ml/ pro Stunde werden produziert. Hypergalaktie kann zu einer sehr raschen Gewichtszunahme beim Baby führen, aber auch das Gegenteil kann eintreffen: Die Milch sprudelt dem Kind quasi entgegen und es hat immense Probleme, Schlucken, Atmen und Trinken miteinander zu koordinieren. Aus Frust boykottiert es die Brust und es kommt zum Stillstreik. 

Leidest Du an Hypergalaktie, kann es helfen, die Brust mittels Milchpumpe oder Brustmassage kurz zu stimulieren, damit der überschießende Milchspendereflex sich reguliert und dann das Kind anzulegen.   Es kann zudem auch hilfreich sein, dem Kind für eine individuelle Weile nur eine Brust anzubieten und die andere sehr regelmäßig mit der Hand oder einer Milchpumpe zu entleeren, damit es zu keinem Milchstau kommt. Eine aufrechte oder liegende Stillposition kann dabei helfen, den Milchfluss zu verlangsamen. 

Bei der Hypogalaktie wird zu wenig Milch für das Baby produziert. Oftmals ist eine mangelnde Bereitschaft zum Stillen der Grund oder das Anbieten von Milch aus der Flasche zwischen den Mahlzeiten. Das Saugvermögen lässt durch das Flaschensaugen mit der Zeit nach, da verschiedene Techniken dafür nötig sind. Das Kind ‚verlernt‘ quasi, an der Brust zu trinken und ist immer weniger dazu bereit, einen größeren Aufwand dafür zu betreiben. Als Folge kommt es zu einer Milchstauung, die zu einer Hypogalaktie führen kann. Lediglich 5% aller Hypogalaktiefälle sind auf eine hormonelle Störung zurückzuführen. 

Ein gutes Stillmanagement und eine gute Vorbereitung auf das Stillen können das Problem einer Hypogalaktie schnell lösen. Eine Stillberatung oder auch eine Hebamme können viele hilfreiche Tipps geben, wie das Stillen wieder besser klappen kann.  

Stillstreik als Ausscheidungskommunikation

Es kann beim Stillen immer wieder dazu kommen, dass das Kind sich nach kurzer Zeit immer wieder unruhig abdockt. Da Muttermilch die Verdauung anregt, kann es sein, dass das Baby in diesem Moment mal muss und es gerade unentspannt ist. Für Mama und Babys kann es hilfreich sein, die Windel auszuziehen und das Baby über einer Schüssel oder mit einem Tuch abzuhalten. 

Stillstreik beim Zahnen

Die Zeit, wenn die ersten Zähne kommen, kann für Eltern und Kind sehr nervenaufreibend sein. Das Gefühl im Mund verändert sich zunehmend und Dein Kind muss sich an diesen Zustand erst noch gewöhnen. Die Zähne und das Zahnfleisch können wehtun und das Kind kann sich in dieser Zeit etwas unwohl fühlen und unter Umständen das Stillen verweigern. Es hilft hier etwas anzubieten, was das Zahnfleisch etwas beruhigt, z.B. gekühlte Beißringe oder eingefrorene Muttermilch. 

Jeder Streik hat mal ein Ende

Ein Stillstreik ist in der Regel ein temporäres Phänomen, das sich meist nach wenigen Tagen wieder legt. Dauert die Verweigerung mehrere Wochen an, solltest Du es ärztlich abklären lassen oder Deine Hebamme zu Rate ziehen. Eine Stillberatung kann sich in diesem Falle auch anbieten. Du solltest Deinem Baby in dieser Phase besonders viel Aufmerksamkeit und Kuscheleinheiten schenken, denn auch für es ist diese Phase nicht einfach. Ein Stillstreik ist meistens kein Grund zum Abstillen oder Zufüttern, wenn Du Dir Sorgen um die Gewichtsentwicklung Deines Kindes machst, solltest Du dies ärztlich abklären lassen.

Referenzen:

La Leche Liga. Stillberatung Österreich. Wie erkenne ich einen Stillstreik? [zuletzt aufgerufen am 21.02.2023]. URL: https://lalecheliga.at/rund-ums-stillen/haeufig-gestellte-fragen/stillstreik-erkennen/

Kämmerer B., Korsch E. Klinische Bedeutung von Hypergalaktie und überaktivem Milchspendereflex. Gynäkologische Praxis 42: 81-87. 2017.

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