Das kommt im Wochenbett auf Dich zu
Endlich ist es geschafft: Du kannst Deinen Nachwuchs in den Armen halten. Nun beginnt eine spannende Zeit, in der Du und Dein Baby euch erstmal kennenlernt, einen gemeinsamen Rhythmus im Alltag findet und die Zeit als Familie verbringt. Das Wochenbett ist eine intensive Zeit, da viele neue Eindrücke auf Dich einprasseln und sich zudem Dein Körper von der Geburt erholen muss. Was genau im Wochenbett auf Dich zukommt und wie Du die Zeit besser genießen kannst, verraten wir Dir.
Die Rückbildung im Wochenbett
Wochenbett nennt man die Zeit unmittelbar nach der Geburt, es dauert meist sechs bis acht Wochen. In dieser Zeit ist der Körper einer Mutter vielen Veränderungen unterlegen, denn dieser muss sich von der Geburt und den Veränderungen der Schwangerschaften erholen und zudem zurückbilden.
Als Rückbildung wird das Kleinerwerden der Gebärmutter bezeichnet. Während der Schwangerschaft wächst die Gebärmutter um ein Vielfaches an, um nicht nur dem Baby, sondern auch der Fruchtblase ausreichend Platz zu bieten. Nach der Geburt bildet sie sich wieder zurück, das heißt sie schrumpft wieder auf ihre ursprüngliche Größe. Bei der Geburt wiegt der Uterus um die 1000 Gramm, nach dem Wochenbett ist das Normalgewicht von 50 Gramm grundsätzlich wieder erreicht.
Meist geschieht die Rückbildung innerhalb der ersten zehn Tage nach der Geburt und wird von Wochenbettwehen begleitet. Viele Frauen, vor allem beim ersten Kind, spüren diese Nachwehen überhaupt nicht, beim zweiten oder dritten Kind können sie jedoch intensiv sein. Auch beim Stillen können die sogenannten Stillwehen einsetzen, die ebenfalls dazu beitragen, dass sich die Gebärmutter zurückbildet. Diese treten auf, wenn ein Saugreiz an der Brustwarze ausgelöst wird. Aber nicht nur die Rückbildung steht im Fokus des Wochenbettes.
Der Beckenboden
Der Beckenboden sind verschiedene Bände, Bindegewebe und Muskelschichten, die übereinander liegen. Diese liegen im Becken und stützen wie ein Trampolin alle Organe im Bauch. Durch die Schwangerschaft wurde der Beckenboden belastet, da er mehr Gewicht als normal tragen musste. Auch unter der Geburt hat er sich geöffnet. Um den Muskelschichten wieder Spannung zurück zu geben ist es wichtig, in den ersten Tagen des Wochenbettes nur zu liegen und nur in seltenen Situationen zu sitzen oder zu stehen. Dabei solltest Du stets über die Seite aufstehen und im Stand eine Schrittstellung einnehmen. Du kannst Dich auch öfter am Tag auf den Bauch legen oder in die Knie-Ellbogen-Lage gehen, sodass Dein Beckenboden entlastet wird. Wenn Du Dich gut fühlst, kannst Du mit den ersten Beckenbodenübungen beginnen. Frage deine Hebamme, Physiotherapeuten oder Arzt nach Rückbildungsübungen.
Der Wochenfluss
Bei der Geburt löst sich die Plazenta von der Gebärmutter und wird nach Deinem Baby geboren. Dabei entsteht eine Wunde, die im Laufe des Wochenbettes wieder verheilt. Bei dieser Wunde kommt es zu Wundsekret und Geweberesten, die ausgeschieden werden – auch Wochenfluss genannt. Dieser ist vor allem in den ersten zwei Tagen nach der Geburt sehr ausgeprägt und hat eine rote Farbe – dies ist ganz normal am Anfang. Je mehr die Wunde verheilt, desto weniger wird der Wochenfluss und auch die Farbe verändert sich: von braun zu gelblich, und schließlich in der letzten Phase kurz vorm Verheilen nur noch weißlich. Verfärbt der Wochenfluss sich nach einiger Zeit plötzlich wieder rot, kann es an Wundheilungsstörungen und einer Infektion liegen. In diesem Fall solltest Du einen Arzt aufsuchen. Vor allem beim Aufstehen kann der Wochenfluss schwallartig geschehen, weswegen spezielle Binden für Wöchnerinnen zu empfehlen sind. In der Regel dauert der Wochenfluss drei bis sechs Wochen an. Die Hände sollten nach dem Wechseln der Einlagen immer gewaschen werden. Mit dem Geschlechtsverkehr solltest Du so lange Warten, bis der Wochenfluss vorbei ist.
Auch Wunden wie beispielsweise ein Dammriss oder Dammschnitt sind Verletzungen, die die Zeit im Wochenbett benötigen, um zu verheilen. Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, müssen sich ebenfalls von dem Eingriff erholen. Wichtig ist, dass man sich und dem eigenen Körper Zeit gibt. Zwar kann es vor allem mit einem Neugeborenen sehr trubelig sein, allerdings müssen Wöchnerinnen gerade dann auf ihre Bedürfnisse achten.
Hormonelle Schwankungen sind im Wochenbett normal
Auch hormonell verändert sich einiges im Wochenbett. Nach der Geburt fällt der Pegel der Schwangerschaftshormone schlagartig ab. Andere Hormone, wie z.B. Oxytocin und Prolaktin werden verstärkt gebildet, um den Milchfluss anzuregen und dabei zu helfen, dass die Gebärmutter ihre alte Größe wieder einnimmt. Frauen, die bereits mal mit Hormonschwankungen zu tun hatten, wissen: Es kann gefühlsmäßig eine kleine Achterbahn der Gefühle sein – mal geht es steil nach oben und dann plötzlich wieder abwärts. Diese Schwankungen sind jedoch ganz normal. Auch ist es keine Seltenheit, dass sich der sogenannte Babyblues einstellen kann. Mütter, die davon betroffen sind, fühlen sich nach der Geburt niedergeschlagen und können die Geburt über den Neuzugang nicht richtig fühlen. In der Regel legt sich dieser Zustand wieder, wenn sich der Hormonpegel wieder stabilisiert hat. In schwerwiegenden Fällen kann es zu einer Wochenbettdepression kommen, diese ist behandlungsbedürftig. Bitte kontaktiere Deinen Arzt / Deine Ärztin wenn es Dir psychisch nicht gut geht.
Hormonelle Umstellungen können auch zu Wassereinlagerungen, sogenannten Ödemen, in Händen und Füßen führen. Diese gehen aber von allein wieder zurück. Auch nächtliche Schweißausbrüche sind ganz normal.
Bonding
Du hast Dein Kind neun Monate in Dir getragen, jetzt beginnt die Zeit, in der ihr euch endlich ausgiebig kennenlernen könnt! Gerade die Zeit im Wochenbett ist wichtig für die Bindung zwischen den frischgebackenen Eltern und Baby. Als Bonding bezeichnet man die emotionale Beziehung vom Baby zu seinen Eltern. Bonding kann Eltern und Kind im Idealfall ein Leben lang zusammenschweißen und trägt dazu bei, dass das Urvertrauen beim Kind gestärkt wird. Schon während der Schwangerschaft wird eine Bindung zum Baby aufgebaut, unmittelbar nach der Geburt beginnt aber der eigentliche Kennenlernprozess und das Band zwischen Eltern und Kind, vor allem zwischen Mutter und Kind, wird gestärkt. Vor allem die ersten Momente sind von sehr intensiven Gefühlen geprägt und bleiben meist unvergesslich. Der erste Hautkontakt mit Baby löst Gefühle von Zärtlichkeit aus und das Bedürfnis, das Kind zu beschützen und zu versorgen wird spätestens ab diesem Zeitpunkt geweckt. Viele Kliniken sind sich über der Wichtigkeit des Bondings bewusst und lassen der frischgebackenen Familie in der Regel die Zeit, um sich richtig kennenzulernen. Für eine gute Bindung tragen z.B. ein enger Haut- sowie Augenkontakt, Sprechen mit dem Baby und ein fürsorgliches Verhalten bei. Lege also Dein Baby so häufig wie möglich nackt auf Deine nackte Brust. All diese Dinge machst Du aber in der Regel automatisch, um für Dein Baby da zu sein. Gerade im Wochenbett entwickelt sich die Bindung zum Baby sehr stark, da es eine sehr intensive Zeit ist. Auch Väter können davon profitieren, indem sie viel Körperkontakt zum Kind suchen und Mütter so gut es geht, unterstützen.
Generelle Tipps fürs Wochenbett:
- Im Wochenbett hast Du Anspruch auf eine Nachsorgehebamme. Die Kosten der ersten zwölf Wochen werden von den gesetzlichen Krankenkassen getragen.
- Genieße die erste Zeit mit Deiner Familie und dem Kind.
- Schlafe wenn Dein Baby schläft, auch mittags.
- Lass Dich von niemanden hetzen oder unter Druck setzen.
- Verschließe die Ohren vor gut gemeinten Ratschlägen aus der Verwandtschaft und Bekanntschaft.
- Liege viel und ruhe dich gut aus.
- Bäder oder auch Sitzbäder, zum Beispiel mit pflegendem und entzündungshemmendem Kamillenzusatz können dir gut tun.
- Hormonelle Schwankungen können die Emotionen ganz schön durcheinanderbringen, plötzlich Weinanfälle sind beispielsweise keine Seltenheit. Für diesen Fall solltest Du dir Taschentücher in der Nähe aufbewahren. Es kann in diesem Fall tröstlich sein, mit Deinem Partner oder einem Freund / einer Freundin zu reden. Viel kuscheln mit dem Baby hilft ebenfalls gegen angestrengte Stimmung.
- Hol Dir Hilfe von Freunden und/oder Verwandten, die sich um den Haushalt z.B. Bügelwäsche oder um das tägliche warme Essen kümmern. Auf diese Weise wird auch der Vater entlastet und kann sich mehr um Mutter und Kind kümmern. Eine tip-top aufgeräumte Wohnung sollte allerdings auch nicht die höchste Priorität im Wochenbett haben.
- Natürlich ist es schön, Besuch zu empfangen denn wahrscheinlich jeder möchte das neue Familienmitglied schnellstmöglich kennenlernen. Achte hierbei aber auch auf Deine Bedürfnisse und setz Dich nicht unnötig Stress aus. Viel Besuch auf einmal kann für die frischgebackene Familie zu nervenzehrend sein, weswegen Du den Besuch am besten verteilst . Mach Dir auch bewusst, dass nicht jeden Tag Besuch auf dem Programm stehen muss, nur weil Du denkst, Du müsstest es anderen recht machen. Achte immer auf Deine Bedürfnisse und konzentriere Dich vor allem auf Deine Familie. Jeder der zu Dir zu Besuch kommt, soll etwas zu Essen mitbringen.
- Stell den Anrufbeantworter an und die Türklingel aus und lauf gerne auch mal bis mittags im Schlafanzug herum.
- Vielleicht hast Du dich während der Schwangerschaft schon gedanklich auf das Stillen vorbereitet. Ansonsten findest Du hier noch einige hilfreiche Informationen über das Stillen.
- Was Dich generell in den ersten Tagen nach der Geburt erwartet, kannst Du hier nachlesen.
Referenzen:
Familien- und Perinatalzentrum. Die Wochen nach der Geburt. Informationsbroschüre 2018.
Homann M. Wochenbett – Physiologie und Pathologie. In: Frauenheilkunde 2010; 4(1): 9-20.
Moore E. et al. Early skin-to-skin contact for mothers and their healthy newborn infants. Cochrane Database of Systematic Reviews 2007, Issue 3
Www.geburtskanal.de (zuletzt am 07.02.2022 aufgerufen)