Temperament, was bedeutet das überhaupt?
Psychologen verstehen unter dem Begriff „Temperament“ die Verhaltensweisen, mit denen eine Person für gewöhnlich in bestimmten Situationen reagiert, sowie die Fähigkeiten eines Menschen, die eigenen Emotionen erfolgreich zu regulieren. Individuelle Unterschiede im Temperament lassen sich dabei bereits bei Neugeborenen feststellen. So sind manche Babys eher ruhig und reagieren zurückhaltend auf andere Personen, während andere eher aktiv und laut sind. Zudem sind einige Babys häufig fröhlich und lachen viel, wohingegen andere sehr schnell anfangen zu weinen und sich nur schwer wieder beruhigen lassen. Psychologische Studien belegen, dass einige Gene und auch Lebenserfahrungen die Entwicklung des Temperaments beeinflussen. Jedoch können auch externe Einflüsse, unter anderem die Ernährung der Mutter, während der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Kindes einwirken und das Temperament des Kindes beeinflussen.
Drei Bereiche des Temperaments lassen sich unterscheiden
Das Temperament eines Menschen setzt sich aus den Bereichen Negative Affektivität, Regulation von Emotionen und Verhalten sowie Extraversion bzw. Begeisterungsfähigkeit zusammen. Diese drei Facetten sind bei verschiedenen Menschen jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt.
- Negative Affektivität
Babys, die sich durch eine hohe Negative Affektivität auszeichnen, neigen eher dazu, negative Emotionen, wie zum Beispiel Angst, Frustration oder Trauer, zu empfinden. Ist dieses Merkmal bei Neugeborenen sehr stark ausgeprägt, kann dies mit einem erhöhten Risiko verbunden sein, später im Leben an einer Angsterkrankung zu leiden. Allerdings ist das Temperament nicht der einzelne Faktor, der für die Entwicklung einer Angsterkrankung eine Rolle spielt. So können zum Beispiel auch das Erleben bestimmter Erfahrungen sowie genetische Faktoren mit der Entwicklung einer Angststörung verbunden sein.
- Regulation von Emotionen und Verhalten
Die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und Verhaltensweisen zu regulieren, ermöglicht es Babys die Aufmerksamkeit auf eine Sache, wie z.B. die Stimme der Mutter, zu lenken. Zudem führt diese Eigenschaft dazu, dass sich Dein Baby nach Aufregungen wieder beruhigen kann. Später im Leben führt die gut entwickelte Fähigkeit, die eigenen Emotionen effektiv zu regulieren, dazu, dass Kinder in unterschiedlichen Situationen angemessen reagieren und unangebrachte Verhaltensweisen unterdrücken können. Ist diese Eigenschaft weniger stark ausgeprägt, kann dies ein erhöhtes Risiko darstellen, später im Leben an unterschiedlichen psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen zu leiden.
- Extraversion/Begeisterungsfähigkeit
Babys und Kinder, die sich durch eine hohe Begeisterungsfähigkeit auszeichnen bzw. sehr extravertiert sind, sind oft sehr aktiv, fröhlich, mitunter jedoch auch impulsiv. Bei Babys, die nur in einem sehr geringen Maße begeisterungsfähig bzw. extravertiert sind, ist das Risiko später im Leben an einer Depression zu erkranken erhöht. Jedoch ist auch ein sehr hohes Level dieser Charakteristik nicht nur mit Vorteilen verbunden. So kann eine außerordentlich starke Ausprägung in diesem Bereich dazu führen, dass das Kind Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit anderen entwickelt. So kann dies zum Beispiel zu aggressivem Verhalten oder zu dem Verstoßen von Regeln führen.
Wie beeinflusst die Ernährung in der Schwangerschaft das Temperament des Kindes?
Schon während der Schwangerschaft können über die Mutter unterschiedliche Faktoren auf die Entwicklung des Babys, auch die Entwicklung des Gehirns, einwirken und somit beeinflussen, welche Verhaltensweisen und Temperamentseigenschaften das Kind als Neugeborenes zeigt.
Zu viel Stress kann die Entwicklung des Temperaments negativ beeinflussen
Befunde psychologischer Studien konnten belegen, dass eine negative Gemütslage der Mutter, gekennzeichnet durch das Erleben von viel Stress oder von depressiven Symptomen, während der Schwangerschaft die Gehirnentwicklung und somit auch die Temperamentsentwicklung des Kindes beeinträchtigen kann. Das Stresshormon Cortisol kann erwiesenermaßen über die Plazenta in das Gehirn des ungeborenen Babys eindringen und auf die Entwicklung unterschiedlicher Gehirnregionen einwirken. So konnten Forscher zum Beispiel feststellen, dass bei Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft viel Stress erlebten, im Kindesalter ein erhöhtes Risiko für unterschiedliche Verhaltensauffälligkeiten, wie zum Beispiel Hyperaktivität, und Unaufmerksamkeit bestand. Glücklicherweise existieren unterschiedliche Strategien, die Dir dabei helfen können, Dein Stresslevel effektiv zu reduzieren.
Psychologischer Stress ist mit sogenanntem oxidativem Stress sowie reduzierter antioxidativer Aktivität verbunden. Während der Schwangerschaft ist Dein Baby besonders verletzlich gegenüber oxidativem Stress und die antioxidativen Abwehrmechanismen Deines Babys sind noch nicht ausreichend entwickelt. Jedoch kann eine gesunde Ernährungsweise Dein Baby vor den negativen Konsequenzen, die eine zu hohen Ausschüttung von Stresshormonen haben kann, schützen und auch der Entwicklung eines mit Risiken für die psychische Gesundheit verbundenen Temperamentstils vorbeugen.
Eine Studie, die unter anderem von den Forschern Lipton und Brunst im Jahre 2017 durchgeführt wurde, belegt zum Beispiel, dass die Einnahme von Antioxidantien während der Schwangerschaft vor dem negativen Effekt von Stress auf die Gehirnentwicklung des Kindes schützen kann. Zunächst fanden die Forscher heraus, dass Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft mit vielen, mit Stress verbundenen Ereignissen konfrontiert waren, häufiger negative Emotionen erlebten. Das Temperament dieser Kinder zeichnete sich dadurch aus, dass sie häufiger Emotionen wie Trauer, Wut oder Verzweiflung erlebten. Jedoch wurde, nachdem auch die Nahrungsaufnahme der Mütter während der Schwangerschaft in Betracht gezogen wurde, festgestellt, dass das Stresslevel der Mutter während der Schwangerschaft einen geringeren Einfluss auf das Temperament des Kindes hatte, wenn die Mutter in hohem Maße Zink und Selen konsumierte. Eine zusätzliche Einnahme von Vitamin C schien ebenfalls vor dem negativen Effekt von Stress auf die Kindesentwicklung zu schützen. Du kannst also, solltest Du Dich zur Zeit Deiner Schwangerschaft in einer nicht ganz einfachen Lebenssituation wiederfinden oder solltest Du Dich generell schnell gestresst zu fühlen, eine Gefährdung Deines Kindes durch eine verstärkte Ausschüttung von Stresshormonen verhindern, indem Du auf eine gesunde Ernährung mit ausreichender Einnahme von Nährstoffen mit antioxidativen Funktionen achtest.
Dies ist keine Empfehlung einen der oben genannten Nährstoffe einzunehmen. Bitte halte vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, wie z.B. Antioxidantien, in der Schwangerschaft oder Stillzeit Rücksprache mit Deiner/m Frauenärztin/Frauenarzt oder Hebamme.
Der Fettgehalt deiner Nahrung kann das Temperament Deines Kindes beeinflussen
Ein ausreichender Fettgehalt der Nahrung ist wichtig für Deine und die Gesundheit Deines Kindes. So ist die ausreichende Aufnahme von gesundem Fett notwendig, damit der Körper im Essen enthaltene Vitamine effektiv aufnehmen und verarbeiten kann. Jedoch kann eine exzessive Fettzufuhr schädlich für Deine und die Gesundheit Deines Kindes sein. So kann eine unausgewogene Ernährung die Temperamentsentwicklung Deines Kindes auf eine Weise beeinflussen, die mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, später im Leben an unterschiedlichen psychischen Erkrankungen zu leiden.
In einer im Jahre 2015 durchgeführten Studie konnten Forscher zum Beispiel feststellen, dass der Fettgehalt der während der Schwangerschaft konsumierten Lebensmittel beeinflusst, wie sich das Temperament des Kindes entwickelt. Dabei hatten allerdings die unterschiedlichen Arten von Fett, wobei zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren unterschieden wurde, auch einen unterschiedlichen Effekt auf das Temperament des Kindes. Gesättigte Fettsäuren sind häufig in hohem Maße in Nahrungsmitteln wie Vollmilchprodukten, rotem Fleisch sowie in einigen Backwaren enthalten. Da die gesättigten Fettsäuren sich allerdings nach häufiger Konsumierung eben jener Produkte in den Arterien absetzen können und somit den Blutfluss behindern können, was zu einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen führen kann, empfehlen Ärzte allerdings, dass gesättigte Fettsäuren nur etwa 10 % des gesamten Kalorienverbrauchs eines Tages ausmachen sollten. Ungesättigte Fettsäuren werden als gesunde Fette angesehen, da eine ausreichende Aufnahme notwendig für eine Vielzahl von Körperfunktionen, wie zum Beispiel für den Aufbau von Zellmembranen, ist. Als Nahrungsmittel, die gute Quellen für ungesättigte Fettsäuren darstellen, lassen sich zum Beispiel Olivenöl, Avocados sowie unterschiedlichen Fischarten, wie zum Beispiel Lachs, Makrelen oder Sardinen, nennen.
Um festzustellen, wie die Nahrung der Mutter während der Schwangerschaft das Temperament des Kindes beeinflusst, beantworteten die Mütter während der Schwangerschaft regelmäßig Fragen zu den von ihnen gegessenen Lebensmitteln und ermittelten das Temperament des Kindes vier Monate nach der Geburt. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass, das Kind eher dazu neigte, ein sehr stark extravertiertes Temperament zu entwickeln, wenn die Mutter häufig während der Schwangerschaft Lebensmittel konsumierte, die in hohem Maße gesättigte Fettsäuren enthalten. War die Nahrungsaufnahme der Mutter von einem hohen Gehalt von sowohl gesättigten als auch ungesättigten Fettsäuren geprägt, zeichnete sich das Temperament der Neugeborenen durch ein sehr niedriges Level von Extraversion aus. Bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft hohe Level von ungesättigtem Fett, jedoch niedrige Level von gesättigtem Fett zu sich nahmen, ließ sich ein mittelmäßig extravertiertes Temperament feststellen.
Konsumiert die Mutter während der Schwangerschaft hauptsächlich Nahrungsmittel, die zu einem hohen Grad ungesättigte Fettsäuren enthalten, und wenig Nahrungsmittel, die gesättigte Fettsäuren enthalten, besteht ein geringeres Risiko für das Kind, später im Leben emotionale oder soziale Probleme zu entwickeln. Eine hohe Konsumierung von ungesättigten und eine niedrige Konsumierung von gesättigten Fettsäuren kann, den Ergebnissen der Studie zufolge, die Entwicklung eines mittelmäßig extravertierten Temperaments fördern. Ein sehr stark extravertiertes Temperament kann mit Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen oder auch mit einem erhöhten Risiko für Depressionen verbunden sein. Auch bei einem sehr wenig extravertiertem Temperament kann die Wahrscheinlichkeit erhöht sein, später im Leben Depressionen zu entwickeln. Ein mittelmäßig extravertiertes Temperament ist hingegen mit weniger Risiken für die psychische Gesundheit des Kindes später im Leben verbunden.
Deine Ernährungsweise während der Schwangerschaft kann also die Temperamentsentwicklung Deines Kindes beeinflussen
Du kannst also schon während der Schwangerschaft durch Deine Ernährungsweise beeinflussen, wie sich die unterschiedlichen Facetten des Temperaments Deines Kindes entwickeln werden. Eine ausgeglichene Ernährung, die sich durch die hohe Konsumierung von Nahrungsmitteln mit antioxidativen Fähigkeiten auszeichnet, z.B. durch die Aufnahme von Nährstoffen wie Vitamin E und C sowie Zink und Selen, und eine ausreichende Aufnahme von ungesättigten Fettsäuren, aber nur eine geringe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren, können also einen Beitrag zu der Entwicklung eines ausgeglichenen Temperaments Deines Kindes leisten. Auf diese Weise kann die Wahrscheinlichkeit, später im Leben unterschiedliche Verhaltensauffälligkeiten oder psychische Erkrankungen zu entwickeln vermindert werden.
Hier nochmal einmal das Wichtigste in Kürze:
- Unter dem Konzept des Temperaments verstehen Psychologen die Verhaltensweisen, mit denen ein Mensch in einer bestimmten Situation typischerweise reagiert, sowie die Fähigkeit die eigenen Emotionen zu regulieren.
- Äußere Faktoren, wie unter anderem die Ernährungsgewohnheiten der werdenden Mutter, können die Gehirnentwicklung und somit das Temperament des Kindes beeinflussen.
- So konnten Forscher zum Beispiel belegen, dass Lebensmittel mit antioxidativen Stoffen während der Schwangerschaft vor dem negativen Effekt, den erlebter Stress auf die Gehirnentwicklung haben kann, schützen kann.
- Auch die ausreichende Einnahme von ungesättigten Fettsäuren, die unter anderem in Nüssen, Avocados und vielen Fischsorten enthalten sind, in Kombination mit einer nur geringen Konsumierung von gesättigten Fettsäuren, die zum Beispiel in rotem Fleisch und Vollmilchprodukten enthalten sind, kann die Entwicklung eines ausgeglichenen Temperaments fördern.
Referenzen:
Gustafsson HC, Kuzava SE, Werner EA, Monk C. Maternal dietary fat intake during pregnancy is associated with infant temperament. Developmental Psychobiology 2015; 58(4): 528-535.
Lipton LR, Brunst KJ, Kannan S, et al. Associations among prenatal stress, maternal antioxidant intakes in pregnancy, and child temperament at age 30 months. J Dev Orig Health Dis. 2017; 8(6):638-648.