Stillen ist einer der natürlichsten Vorgänge, die es gibt. Allerdings haben viele Mütter aus Angst vor Ablehnung dennoch Hemmungen, in der Öffentlichkeit zu stillen. Wir geben Tipps, wie ein unauffälliges Stillen möglich ist, bei dem Du Dich wohlfühlst.

Stillen in der Öffentlichkeit lässt sich oft schlecht planen

Man sitzt gerade mitten in einer voll besetzten Straßenbahn und plötzlich meldet sich der Nachwuchs lautstark, weil er Hunger hat. Jetzt gilt es abzuwägen: Sofort stillen, oder warten, bis man zuhause oder an einem ruhigeren Ort ist?  So gut wie jede Mutter steckt wahrscheinlich schon mal in diesem Dilemma, sei es im Wartezimmer beim Arzt, auf dem Wochenmarkt, oder in besagter Straßenbahn. Obwohl Stillen einer der natürlichsten Vorgänge ist, haben viele Frauen Hemmungen und empfinden Scham, in der Öffentlichkeit zu stillen.  

Die Art und Weise, wie man Dinge wahrnimmt, wird vor allem durch gesellschaftlich definierte Normen geprägt, die sich auf die Einstellung der Allgemeinbevölkerung auswirken. Sprich: Je fester etwas in der Gesellschaft verankert ist, desto mehr wird es akzeptiert. Eine Vergleichsstudie aus vier europäischen Ländern kam zu dem Schluss, dass sich die wahrgenommenen sozialen Normen auf die Stilldauer- und rate von Müttern auswirken können. Wird Stillen in der Öffentlichkeit beispielsweise als nicht akzeptiert wahrgenommen, kann sich dies negativ auf die Stilldauer auswirken. Auch die Akzeptanz der eigenen Familie spielt dabei eine tragende Rolle. Um das Stillen in der Öffentlichkeit mehr in den Fokus der Normalität zu bringen, gab es in der Vergangenheit viele verschiedene Aktionen, um Müttern zu signalisieren, dass öffentliches Stillen befürwortet wird. Die Australian Breastfeeding Association initiierte beispielsweise die Aktion „Breastfeeding Welcome Here“, bei der verschiedene Einrichtungen wie Cafés oder Friseurläden anzeigen konnten, dass sie das Stillen im öffentlichen Raum unterstützen.

Stillen in der Öffentlichkeit: Wie sieht die Akzeptanz in Deutschland aus und ist es überall erlaubt? 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat in einer Studie ermittelt, wie die Einstellung der Deutschen gegenüber dem Stillen in der Öffentlichkeit ist, aber auch, welche Erfahrungen Mütter mit Kindern bis zwei Jahre beim Stillen gemacht haben. Etwa 65% aller befragten Mütter gaben an, dass sie entweder häufig (32%) oder gelegentlich (33%) in der Öffentlichkeit stillen. Wiederum 32% gaben an, niemals in der Öffentlichkeit zu stillen. Vor allem in öffentlichen Toiletten und Verkehrsmitteln wird laut Studie das Stillen lieber vermieden, Parks, Spielplätze, Cafés und Restaurants werden am meisten zum Stillen benutzt. In der Vergangenheit gab es allerdings immer wieder Meldungen über Mütter, denen Betreiber ein Stillverbot in Cafés oder Restaurants aussprachen. Ist einer der natürlichsten Vorgänge somit nicht überall erlaubt? 

De Facto ist das Stillen in der Öffentlichkeit durch öffentlich-rechtliche Vorschriften weder explizit erlaubt noch verboten. Im Umkehrschluss heißt dies, dass Stillen im öffentlich-rechtlichen Raum kein Problem darstellt. In Gaststätten und Cafés gilt allerdings das Hausrecht des Betreibers. Laut Sachstand des Deutschen Bundestages heißt die Regelung wie folgt: „Sofern der Gastwirt als Inhaber des Hausrechtes das Stillen der Mutter nicht beanstandet, so ist es ohne weiteres zulässig. Anderen Gästen (ebenso wie etwaigen Mitarbeitern) steht insoweit kein Unterlassungsanspruch gegen die stillende Mutter zu.“ Der Betreiber kann somit nach eigenem Ermessen das Stillen erlauben, oder aber ein Hausverbot aussprechen. Letzteres ist allerdings nur gültig, wenn noch kein Bewirtungsvertrag zwischen Betreiber und Stillender eingegangen wurde. 

In der 2018 durchgeführten Studie wurde auch die Meinung und Wahrnehmung der deutschen Bevölkerung bezüglich Stillen in der Öffentlichkeit einbezogen. Die Ergebnisse waren sehr positiv, denn rund 89% der Menschen, die Stillen im öffentlichen Raum beobachteten, bewerteten dieses als neutral (48%) oder gut (41%). Nur eine Minderheit empfand das Stillen im öffentlichen Raum als störend. Einer der meistgenannten Gründe ist eine ungewollte Intimität mit einem Fremden. 

Insgesamt wird Stillen in Deutschland als ein natürlicher Prozess angesehen, der viel Akzeptanz erfährt. Trotzdem fühlen sich viele Mütter unwohl. 10% der befragten Mütter stillen ihre Kinder vorzeitig ab, da ihnen das Stillen in der Öffentlichkeit Unbehagen bereitet. Mittlerweile gibt es allerdings sehr viele Hilfsmittel, die das Stillen unauffällig gestalten und die Frauen helfen können, sich beim Stillen in der Öffentlichkeit weniger entblößt zu fühlen.

Tipps für ein unauffälliges Stillen in der Öffentlichkeit

Stillen ist laut Studien gesellschaftlich akzeptiert und nach der Gesetzeslage grundsätzlich zulässig. Trotzdem fühlen sich viele Mütter im öffentlichen Raum unwohl dabei, ihre Brust vor Augen vieler zu entblößen. Dabei kann man das Stillen unauffällig gestalten: In der Studie des Bundesinstitutes für Risikobewertung gaben rund 70% an, dass sie beim Stillen Hilfsmittel verwenden, die ihnen ein unauffälliges Stillen in der Öffentlichkeit ermöglicht. Wir stellen Dir im Folgenden ein paar Varianten vor, mit denen Du Dich beim Stillen in der Öffentlichkeit wohler fühlst.

Tuch oder Schal: Eins der wohl einfachsten Methoden ist ein großes Tuch oder ein Schal, den du beim Stillen über Baby und Schulter legen kannst. Es gibt auch sogenannte Stilltücher- und schals, die Dein Baby vor neugierigen Blicken schützt.

Still-Tops oder Still-BHs: Stillkleidung wie Still-Tops oder Still-BHs ermöglicht ein diskretes Stillen unterwegs. Du kannst ein Still-Top oder einen Still-BH einfach unter normaler, lockerer Kleidung tragen. Wenn Dein Nachwuchs sich meldet, kannst Du Dein normales Shirt einfach etwas hochziehen und Dein Baby am Still-Top anlegen, das sich in der Regel ganz einfach hochschieben oder öffnen lässt. Durch die darüber gezogene weitere Kleidung hast Du zudem einen Sichtschutz.

Aufblasbare Stillkissen: Beim Stillen ist es wichtig, dass das Baby eine angenehme Position hat und richtig an die Brust gelegt wird. Vor allem wenn das Kind noch klein ist, haben sich Stillkissen als gute Stütze bewährt, leider sind diese selten handtaschentauglich. Es gibt allerdings auch aufblasbare Varianten, die Du unterwegs ganz einfach aufpusten kannst. 

Tragetuch: Auch ein Tragetuch eignet sich für ein diskretes Stillen. Vor allem in der beliebten Wickelkreuztrage kann das Kind relativ einfach und unauffällig gestillt werden. Du kannst hierzu eine Trageberaterin zu Rate ziehen.

Generelle Tipps für ein entspanntes Stillen in der Öffentlichkeit

Um eine plötzliche Hungerattacke zu vermeiden, solltest Du Dein Kind stillen, bevor Du unterwegs bist.  Du kannst Dir bereits vorher ein paar gute Orte überlegen, an denen Du Dein Kind ungestört stillen kannst. Du kannst hier auch andere Mütter zu Rate fragen, denn Erfahrungen auszutauschen ist oftmals Gold wert. Wenn Du länger unterwegs bist, dann biete Deinem Kind zwischendurch an geeigneten Orten die Brust an. So vermeidest Du, dass sich Dein Baby plötzlich dann meldet, wenn es gerade nicht so optimal ist. Bei einem längeren Ausflug solltest Du zudem Wickelsachen dabeihaben, da die Verdauung von Babys beim Stillen angeregt wird.

Stillen ist ein natürlicher Prozess, bei dem man sich generell nicht verstecken sollte. Wenn Du Dich jedoch wohler dabei fühlst, Dich nicht im öffentlichen Raum zu entblößen, gibt es einige Hilfsmittel, die Dir helfen können. Wichtig ist, dass man das Stillen in der Öffentlichkeit als etwas Normales und Natürliches ansieht und keine Angst davor entwickelt. Je nervöser die Mutter ist, desto mehr überträgt sich dies auch auf das Baby. Und je mehr Mütter in der Öffentlichkeit stillen, desto mehr wird dies zur Normalität und stärkt das positive Wahrnehmungsbild der Bevölkerung. Sei mutig, trau Dich und sei anderen Müttern dadurch ein Vorbild!

Referenzen:

Deutscher Bundestag. Zulässigkeit des Stillens in Cafés und Gaststätten. 2016.

Koch S et al. Ist Stillen in der Öffentlichkeit gesellschaftlich akzeptiert? Bundesgesundheitsblatt 2018;61: 900-1000.

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