In der Schwangerschaft können Lebensmittel wie saure Gurken, Erdnussbutter und Co. plötzlich öfter als gewöhnlich auf dem Einkaufszettel stehen. Der Grund dafür sind Schwangerschaftsgelüste, die rund 50 – 90% aller Frauen betrifft. Doch warum kommt es überhaupt zu dem Heißhunger?

Schwangerschaftsgelüste: Hormonelle Prozesse führen zum Heißhunger

Plötzlich ist er da: Ein immenser Drang nach bestimmten Lebensmitteln, dem am besten sofort nachgegeben werden muss. Ob Essiggurken, Nutella, Eiscreme und Co.: Schwangerschaftsgelüste sind meist ausgefallen und ganz individuell. Eine amerikanische Studie hat ergeben, dass rund 50 – 90 % aller Schwangeren diese Gelüste kennt. Doch warum bekommt man plötzlich diesen Heißhunger? Dies entsteht nicht per sé, weil man nun für zwei isst, was generell ein falscher Irrglaube ist. Vielmehr liegt es an hormonellen Veränderungen und einem erhöhten Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft.

Ab dem Zeitpunkt, wenn die Eizelle sich einnistet, wird das Schwangerschaftshormon Beta- hcG vermehrt produziert. Der Wert erhöht sich im Laufe der Schwangerschaft auf ein Tausendfaches und kann die Essgewohnheiten dadurch ganz schön auf den Kopf stellen. Plötzlich bekommt man auf Dinge Appetit, die man vorher auf dem Teller verschmäht hätte und oft finden sich kuriose Food-Kombinationen: Ob Essiggurken mit Ketchup oder Erdbeeren mit Schokolade – jede Schwangere hat ganz eigene Favoriten. Auch die Erhöhung des Progesteron- und Östrogenspiegels kann sich auf den Geschmack- und sogar auf den Geruchssinn auswirken. In einer Studie wurden die Geschmacksschwellen bei Schwangeren für die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter bestimmt. Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Erhöhung der Geschmacksschwellen im Vergleich zu Nicht-Schwangeren: Die Schwelle von salzig war um ganze 114% höher, darauf folgten sauer mit 89%, 60% mit bitter und 35% mit süß. Die Studie zeigt eindeutig, dass sich das Geschmacksempfinden in der Schwangerschaft deutlich verändert.

Wenn Du Heißhungerattacken hast, kannst Du diesen durchaus mal nachgeben. Allerdings sollte es sich bei ungesundem Essen in Grenzen halten. Jeden Tag nur kalorienreiche Lebensmittel zu Dir zu nehmen, kann nicht nur Dein Gewicht unnötig in die Höhe treiben, sondern auch das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes erhöhen. Trotzdem kannst Du Dich ab und zu an Schokoladeneis oder einem Cheeseburger erfreuen. Um Heißhungerattacken möglichst zu vermeiden, solltest Du darauf achten, dass Dein Blutzuckerspiegel nicht zu weit sinkt. Dies kannst Du umgehen, indem Du regelmäßig isst und zwischen den Mahlzeiten gesunde Snacks mit einem hohen glykämischer Index zu Dir nimmst. Dies gilt vor allem auch bei bestehender Übelkeit, auch wenn es dadurch natürlich schwerer fällt, etwas zu essen. 

Durch Heißhungerattacken kann Dein Körper auch mit Dir kommunizieren und Dich auf etwas hinweisen, Gelüste können nämlich auf einen Nährstoffmangel hinweisen. Beispielsweise verspüren viele Schwangere ein Bedürfnis nach Schokolade. Diese ist nicht nur kalorienreich, sondern enthält beispielsweise auch viel Magnesium. Der Magnesiumbedarf steigt in der Schwangerschaft enorm an und ist wichtig für die Entwicklung des Babys. Bist Du Vegetarierin und bekommst plötzlich und ständig Lust auf Fleisch, kann ein Eisenmangel dahinterstecken. Spätestens nach der Geburt verschwinden die Heißhungerattacken in der Regel von alleine.

Tipps gegen Heißhunger

  • Du solltest regelmäßige Mahlzeiten planen, beispielsweise drei Hauptmahlzeiten und zwischendurch ein paar gesunde Snacks, um den Blutzuckerspiegel konstant zu halten und nicht in ein Hungerloch zu fallen.
  • Du darfst Deinen Gelüsten durchaus nachgehen, sofern Du es in Maßen machst und diese nicht schädlich oder kontraindiziert in der Schwangerschaft sind. Bei Lust nach Obst und Gemüse kannst Du allerdings ausgiebig schlemmen, denn Vitamine sind in der Schwangerschaft das Beste, was Du für Deinen Körper tun kannst. Falls Du ständig Hunger nach Süßem hast, kannst Du zudem versuchen, es gegen etwas Obst auszutauschen – Obst schmeckt ebenfalls süß und ist zudem noch gesund!
  • Du kannst Dich auf nichts so richtig konzentrieren, weil Du Heißhunger hast? Versuche Dich abzulenken, zum Beispiel mit moderatem Sport wie Yoga oder Spaziergänge.
  • Kohlenhydrathaltige Lebensmittel sind enorm lecker, lassen den Blutzuckerspiegel allerdings in die Höhe schnellen. Du solltest deswegen lieber auf komplexe Kohlenhydrate wie Vollkornnudeln oder Vollkornbrot ausweichen.
  • Ein ausgiebiges und ausgewogenes Frühstück aus Haferflocken und Obst lässt einen nicht nur gut in den Tag starten, sondern sorgt dafür, dass Du gut versorgt bist und nicht so schnell Hunger bekommst. Zwar ist ein Brot mit Nutella äußert verlockend und lecker, allerdings lässt es ebenfalls den Blutzuckerspiegel schnell steigen und wieder absinken, weswegen Du schnell wieder Hunger auf etwas Süßes bekommst. 

Das Pica-Syndrom: Heißhunger auf Kurioses oder Nicht-Essbares

Noch kurioser als verschiedene Lebensmittelkombinationen ist allerdings ein Phänomen in der Schwangerschaft, dass werdenden Müttern Heißhunger auf Nicht-Essbares verschafft: das sogenannte Pica-Syndrom (auch Pikazismus genannt). Der Name wird abgeleitet von dem lateinischen Wort „Pica“ das für die Elster steht, die bekanntlich alles in den Schnabel nimmt, um ihr Nest zu bauen. Es handelt sich beim Pica-Syndrom um eine Appetitstörung, die in der Schwangerschaft oder bei psychischen Störungen auftreten kann, auch Kinder können davon betroffen sein. In der Schwangerschaft gilt es als harmlose Form, die im Allgemeinen keinen ernsten Krankheitswert hat. Unter das Syndrom zählen besonders kuriose Lebensmittelkombinationen wie beispielsweise Gelüste nach Salzheringen mit Schokoladensauce, aber auch die Lust nach Ungenießbarem. Unter diese Kategorie fallen z.B. Kreide, Waschmittel oder Erde. Das Pica-Syndrom legt sich nach der Entbindung von alleine wieder und Bedarf bei Schwangeren in der Regel keiner Behandlung.

Hier nochmal das Wichtigste in Kürze:

  • Die Heißhungerattacken treten auf, da sich die Progesteron- Östrogen und Beta – hcG-Spiegel erhöhen und sich dies auf das Essverhalten auswirken kann
  • Du solltest Deinen Gelüsten, sofern sie relativ ungesund und kalorienreich sind, nur in Maßen nachgeben, damit Dein Gewicht nicht zu stark steigt. Dies kann nämlich das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes erhöhen. 
  • In machen Fällen weisen Schwangerschaftsgelüste auf Nährstoffmängel hin. In diesem Fall solltest Du mit Deinem Arzt / Deiner Ärztin oder Deiner Hebamme sprechen.
  • Abzugrenzen von  normalen Schwangerschaftsgelüsten ist das sogenannte Pica-Syndrom. Bei diesem ist der Hunger auf ungenießbare meist nicht-essbare Gegenstände wie Erde oder Waschmittel groß. Nach der Entbindung legt sich dieses Phänomen in der Regel wieder.
  • Schwangerschaftsgelüste treten relativ häufig auf und betreffen 50 – 90% aller Frauen. Die Gelüste sind individuell, oft sind es jedoch kalorienreiche Lebensmittel.

Referenzen:

Gut-Fischer K, Reuss D. K., Beer J. H. Störung es Essverhaltens. Pica oder die Lust auf Absonderliches. Psychiatrie und Neurologie 2011; 2: 22-24.

Hansen R, Langer W. Über Geschmacksveränderungen in der Schwangerschaft. Klinische Wochenzeitschrift 1935; 14: 1173 – 1176.

Orloff N, Hormes J. Pickles and ice cream! Food cravings in pregnancy: hypotheses, preliminary evidence, and directions for future research. Front Psychology 2014; 5: 1076.

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