Das Familienbett liegt im Trend
„Wie, Dein Kind schläft mit im Bett? Dann lernt es nie, alleine zu schlafen!“ Vielleicht hast Du schon mal einen ähnlichen gut gemeinten Rat von Familie oder Bekannten bekommen. Schläft Dein Kind bei dir mit im Bett, gibt es keine Notwendigkeit, sich zu rechtfertigen, denn ein Familienbett, in dem Eltern und Kind in einem Bett schlafen, werden hierzulande immer beliebter. Man geht davon aus, dass rund 38 Prozent der Eltern ihr Baby bei sich im Bett schlafen lassen. In vielen anderen Kulturkreisen ist das Co-Sleeping bereits der Standard: In China beispielsweise schlafen 90% aller Säuglinge im Bett der Eltern, in den USA lassen 70% aller Eltern ihr Kind regelmäßig mit in ihrem Bett schlafen, in Großbritannien sind es noch rund 50%. Vor allem für stillende Mütter hat es den Vorteil, dass sie das Bett nachts zum Stillen nicht verlassen müssen, sondern eher Einschlafstillen praktizieren können. Nachweislich senkt Stillen das Risiko für den Plötzlichen Kindstod und hat viele gesundheitliche Vorteile für die kindliche Entwicklung. Das ist aber nicht der einzige Pluspunkt!
Babys genießen nichts mehr als die Nähe ihrer Eltern, denn dies vermittelt ihnen Sicherheit. Unsere Vorfahren schliefen ausschließlich mit dem Nachwuchs zusammen, um diesen vor wilden Tieren oder extremen Temperaturen zu schützen. Noch heute haben Säuglinge den Instinkt, nah bei ihren Eltern sein zu wollen, vor allem, wenn sie müde sind. Schläfst Du mit Deinem Baby in einem Bett, erfüllst Du somit sein natürliches Bedürfnis nach Deiner Nähe. Zwar gibt es keinen Säbelzahntiger mehr, vor dem Du Dein Baby beschützen müsstest, der Instinkt nach einem gemeinsamen, sicheren Schlafplatz ist jedoch noch vorhanden. Möchtest Du, dass Dein Kind mit im Familienbett schläft, musst Du unbedingt darauf achten, es an die Bedürfnisse Deines Kindes anzupassen, um einen sicheren Schlafplatz zu bieten.
Was muss man beim Schlafen im Familienbett beachten?
Eine Studie aus dem Jahr 2013 kam zu dem Schluss, dass Babys ein höheres Risiko hätten, am Plötzlichen Kindstod (SIDS) zu sterben, wenn sie mit im Elternbett schlafen. Diese Studie fand damals sehr große Beachtung, wird heute allerdings auch sehr kritisch gesehen. Die Datenlage, auf die sich in der Studie gestützt wurde, war zu Studienzeiten schon veraltet und lässt falsche Rückschlüsse zu.
Mittlerweile ist man sich einig, dass nicht das Elternbett ein Risiko darstellt, sondern die Schlafumgebung generell ausschlaggebend für das Risiko des Plötzlichen Kindstodes ist. Nicht nur im Familienbett, sondern auch im eigenen Bettchen müssen Eltern wichtige Dinge beachten, um die Schlafumgebung risikoarm zu gestalten. Das Familienbett hat sogar den Vorteil, dass Eltern viel schneller reagieren können, wenn etwas mit ihrem Baby ist. Folgende Punkte sind wichtig, damit einem harmonischen und sicheren Miteinander im Familienbett nichts im Wege steht:
- Richtige Körperposition: Babys sollten immer in Rückenlage schlafen, in Bauchlage ist das Risiko für den Plötzlichen Kindstod nachweislich erhöht. Seitenlage ist ebenfalls nicht zu empfehlen, da Babys sich schnell auf den Bauch drehen können. Verwendest Du ein Seitenschläferkissen für Babys, kann das Risiko ausgeschlossen werden, da ein Rollen auf den Bauch nicht möglich ist. Wenn Du im Bett stillst, solltest Du immer darauf achten, dass Dein Baby nicht in Bauchlage auf Deiner Brust einschläft. Zudem sollte das Kind nicht aus dem Bett fallen können und in der Mitte des Bettes liegen. Es gibt auch spezielle Babynestchen, die zu beiden Seiten abgesichert sind und zusätzlich Schutz bieten oder einen Rausfallschutz, der am Bett einfach montiert werden kann. Alternativ können die Matratzen auch auf den Boden gelegt werden.
- Das richtige Bett: Schläft Dein Baby mit im Bett, musst Du unbedingt darauf achten, dass Dein Bett dafür geeignet ist. Die Matratze sollte hart sein, damit ein Einsinken des Körpers verhindert werden kann, Wasserbetten sind als Familienbett z.B. nicht geeignet. Das Bett sollte zudem keine Ritzen haben, in die das Baby rutschen kann. Am besten wäre eine durchgängige Matratze.
- Temperaturregulierung ermöglichen: Dein Kind sollte davor geschützt werden, zu überhitzen. Kissen oder Decken sollten somit nicht in seiner Nähe sein, da die Atmung z. B. zusätzlich erschwert werden kann, wenn nachts z.B. die Decke über Dein Kind rutscht. Aus diesem Grund sollten auch nicht zusätzlich dekorative Kissen, Haustiere oder Kuscheltiere im Bett vorhanden sein. Natürlich kannst Du selbst zum Schlafen eine Decke nutzen, diese solltest Du aber unter Deine Hüfte klemmen, um ein Hochziehen in der Nacht zu vermeiden. Damit Du selbst nicht frierst, kannst Du im Winter beispielsweise für den Oberkörper wärmere oder doppelte Schlafklamotten wählen, da dieser durch das Abklemmen der Decke freigelegt ist.
Für Babys eignet sich am besten ein Schlafsack anstelle von Decken und Kissen, denn so ist das Kind auch ohne Kissen oder Decken bedeckt. Die ideale Raumtemperatur zum Schlafen liegt bei Babys liegt zwischen 16 bis 18° Celsius. Du solltest also immer darauf achten, dass das Schlafzimmer eine recht kühle Umgebungstemperatur hat. Mit einem Hygrometer lässt sich dies beispielsweise ermitteln.
- Zigarettenrauch ist Tabu: Habt ihr einen Raucher / eine Raucherin in der Familie, solltet ihr penibel darauf achten, dass kein Rauch im Schlafzimmer ist, da dies ebenfalls einen Risikofaktor für den Plötzlichen Kindstod darstellt. Auch solltest Du generell darauf achten, dass Dein Kind keinem Zigarettenrauch ausgesetzt ist. Personen, die im Haushalt rauchen, machen dies am besten im Garten, am weit geöffneten Fenster oder auf dem Balkon und ziehen sich danach um, denn Nikotin kann sich auf Oberflächen absetzen, beispielsweise an den Klamotten und Haaren und so in die Wohnung gebracht werden.
- Nicht berauscht ins Bett gehen: Wird im Familienbett zusammen geschlafen, sollten Eltern nicht unter Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenkonsum im gleichen Bett schlafen. Hat der Partner / die Partnerin was getrunken, sollte er oder sie alleine auf die Couch ausweichen oder das Baby schläft in dieser Nacht in seinem eigenen Bettchen, um Unfälle zu vermeiden.
- Keine Angst haben: Viele Eltern haben zunächst Angst, dass sie ihr Baby im Schlaf überrollen könnten. Studien haben aber gezeigt, dass sich Eltern instinktiv an die Haltungen des Kindes anpassen und automatisch auf Änderungen der Körperhaltung reagieren.
- Geschwister mit Abstand im Bett: Schläft ein Geschwisterchen mit im Bett, sollte dieses nicht unmittelbar neben dem Baby liegen, sondern in sicherer Entfernung mit einem Erwachsenen dazwischen.
- Auf das eigene Gefühl hören: Auch wenn das Familienbett immer populärer wird, wird es immer Menschen geben, die Deine Entscheidung anzweifeln oder nicht verstehen. Höre auf das eigene Bauchgefühl und lass dich von anderen Meinungen nicht verunsichern. Das Wichtigste ist, dass ihr euch als Familie wohlfühlt! Du solltest dich niemals dafür rechtfertigen müssen, mehr Zeit mit Deinem Kind zu verbringen. Auch gibt es keine Altersgrenze, bis wann ein Kind mit im Bett schlafen sollte. Viele Kinder entscheiden irgendwann sogar selbst, wenn sie ihr eigenes Bett haben möchten, das kann mit drei, mit fünf Jahren oder auch später passieren. Solange ihr die Zeit zusammen im Bett genießen könnt, steht dem auch im Kleinkindalter nichts im Wege.
Referenzen:
Barry E. Co-Sleeping as a proximal context infant development: The importance of physical touch. 2019.
Lahr M, Rosenberg K, Lapidus J. Bedsharing and maternal smoking in a population-based survey of new mothers, Pediatrics 116(4):e530-42. 2005.
McKenna J, McDade T. Why Babies should never sleep alone: a review oft he co-sleeping controversy in relation to SIDS, bedsharing and breast feeding. Paediatr. Respir Rev. 6(2):134-52.2005.