Bilingualismus bedeutet, zwei Sprachen zu sprechen oder zu verstehen. Gerade bei Kindern kann eine bilinguale Erziehung zahlreiche Vorteile bringen. Wir verraten Dir, welche das sind.

Bilingualismus hat viele Vorteile

Zahlreiche Kinder in Deutschland wachsen in einem Haushalt auf, in dem sie nicht nur von einer, sondern zeitgleich von zwei Sprachen umgeben sind. Diese Kinder müssen Nomen, Verben und Adjektive, sowie Grammatikregeln der beiden Sprachen gleichzeitig lernen und voneinander unterscheiden können. Als Resultat können sie dann, sollte die zweisprachige Erziehung gelingen, davon profitieren zwei Sprachen fließend zu sprechen und sich somit mit Menschen aus zwei unterschiedlichen Kulturen gut verständigen zu können. Allerdings machen sich viele Mütter von zweisprachig aufwachsenden Kindern auch Sorgen, dass die frühe Konfrontation mit mehr als einer Sprache auch mit Nachteilen für ihre Kinder verbunden sein könnte. So befürchten viele Mütter beispielsweise, dass das frühe Erlernen von zwei Sprachen das Kind verwirren und mit Verzögerungen in der Sprachentwicklung verbunden sein könnte. Was ist wirklich dran am Gerücht, dass eine bilinguale Erziehung Verwirrtheit bei dem Kind verursacht? Kann eine frühe Bilingualität etwa zu Sprachstörungen bei Kindern führen? Oder kann ein zweisprachiges Kind, ganz im Gegenteil, in seiner Entwicklung von einer bilingualen Erziehung sogar profitieren? Hat eine frühe Umgebung in der zwei Sprachen gesprochen werden einen Einfluss auf die Gehirnentwicklung Deines Kindes? 

In einem jungen Alter von zwei Sprachen umgeben zu sein hat mehr Vorteile als Nachteile für Dein Kind 

Mütter, deren Kinder zweisprachig aufwachsen, befürchten häufig, dass die Sprachentwicklung ihres Kindes beeinträchtigt werden könnte. Jedoch deuten die Ergebnisse von zahlreichen psychologischen Studien daraufhin, dass bilingual aufwachsende Kinder kein erhöhtes Risiko haben Probleme beim Sprechen einer der beiden Sprache zu entwickeln. Zudem scheinen diese Kinder nicht häufiger als andere Kinder unter einer verspäteten Sprachentwicklung, Sprachstörungen oder einem Sprachfehler zu leiden. Gelegentlich hat ein Kind, das bilingual aufwächst, in einer der zwei Sprachen zunächst einen eingeschränkteren Wortschatz als ein Kind, das nur mit einer Sprache aufwächst.  Allerdings ist der Wortschatz des bilingualen Kindes nicht geringer, wenn man die Wörter, die das Kind in beiden Sprachen zusammengerechnet kennt, in Betracht zieht. Zudem belegen Studien, dass Unterschiede in der Größe des Wortschatzes vor allem in den ersten Lebensjahren auftreten und im Laufe der Zeit geringer werden. 

Auch zeigen zweisprachig aufwachsende Kinder keine Anzeichen von Verwirrtheit aufgrund der unterschiedlichen Sprachen, mit denen sie konfrontiert sind. So belegen Studien, dass bilinguale Kinder von Geburt an in der Lage sind, die beiden Sprachen zu unterscheiden. Bei manchen Kindern kann beobachtet werden, dass die Kinder zwei Sprachen, beispielsweise im gleichen Satz, vermischen, jedoch sind sich Kinder dennoch dessen bewusst, dass es sich um zwei unterschiedliche Sprachen handelt. 

Eine zweisprachige Erziehung ist also nicht schädlich für die Entwicklung Ihres Kindes. Ganz im Gegenteil deuten Studien darauf hin, dass das Lernen von mehreren Sprachen, sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen mit zahlreichen Vorteilen für die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten verbunden ist. Eine gesunde Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten ermöglicht es Menschen Umweltreize erfolgreich zu verarbeiten und angemessen zu reagieren. Somit wird Deinem Kind ermöglicht, durch eine gesunde Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten, Probleme, mit denen es im Laufe des Lebens konfrontiert ist erfolgreich zu bewältigen und auch komplexe Aufgaben zu lösen. 

  1. Durch eine zweisprachige Erziehung wird die Fähigkeit des Kindes gefördert das eigene Verhalten zu kontrollieren 

Während sie sprechen und versuchen die richtigen Worte zu finden, kommen Kindern, die zweisprachig aufwachsen, Worte aus beiden Sprachen ins Bewusstsein. Um fortwährend in der gleichen Sprache zu sprechen, müssen die Kinder die Wörter der momentan nicht gesprochenen Sprache ignorieren und den Impuls unterdrücken diese auszusprechen. Für diesen Vorgang muss das Kind von den sogenannten Exekutiven Funktionen Gebrauch machen. 

Exekutive Funktionen schließen flexible Denkvorgänge, sowie Selbst-Kontrollmechanismen, die die Kontrolle der eigenen Gedanken und des Verhaltens ermöglichen, ein. Durch eine gesunde Entwicklung der Fähigkeit der Selbstkontrolle wird es Kindern beispielsweise ermöglicht, in der Schule über längere Zeiträume ruhig sitzen und aufmerksam zuhören zu können. Daher spielen gut ausgeprägte Exekutive Funktionen eine maßgebliche Rolle für den schulischen Erfolg von Kindern. Zweisprachig aufwachsende Kinder zeigen für ihren Entwicklungsstand oft sehr stark ausgeprägte kognitive Funktionen, da sie häufig zwischen zwei unterschiedlichen Sprachen wechseln und die Selbst Kontrollmechanismen somit häufig trainieren. 

  1. Durch die zweisprachige Erziehung haben Kinder Vorteile beim Lernen von neuen Wörtern 

In den frühen Phasen der Sprachentwicklung fällt es Kindern, die einsprachig aufwachsen, häufig schwer zu begreifen, dass ein Gegenstand, für den sie bereits eine Bezeichnung kennen, eine zweite Bezeichnung haben kann. So fällt es kleinen Kindern beispielsweise schwer zu verstehen, dass für das Tier, für das das Wort “Pferd” eine passende Beschreibung ausmacht, ebenfalls die Bezeichnung “braun” zutreffend ist. Zwar fällt es einsprachig aufwachsenden Kindern häufig leichter Nomen zu lernen, jedoch entwickeln sie Schwierigkeiten zu einem späteren Zeitpunkt in der Sprachentwicklung, sobald sie die Bedeutung von beschreibenden Wörtern, wie zum Beispiel von Adjektiven, oder Verben lernen. Da zweisprachig aufwachsende Kinder relativ zeitgleich zwei Bezeichnungen in zwei unterschiedlichen Sprachen für denselben Gegenstand lernen, lernen sie schon früh zu verstehen, dass für das gleiche Objekt mehrere Bezeichnungen zutreffend sein können. Somit fällt es ihnen leichter, zusätzliche Wörter, die ein bereits benanntes Objekt beschreiben, zu lernen. So konnten Studien zum Beispiel belegen, dass bilinguale Kinder weniger Probleme haben Adjektive oder Synonyme für ein Wort zu lernen. 

  1. Das Beherrschen von zwei Sprachen wirkt dem Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten im Alter entgegen 

Zahlreichen Studien zufolge haben ältere Menschen, die mehrere Sprachen beherrschen, in Bezug auf die Gedächtnisfunktionen, sowie Exekutive Funktionen, einen Vorteil gegenüber älteren Menschen, die nur eine Sprache beherrschen. Wenn beispielsweise Areale im Gehirn aufgrund hohen Alters beschädigt sind, sind Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, dennoch dazu in der Lage, komplexe Aufgaben zu lösen. Diese Menschen sind häufig kognitiv flexibler und können andere Gehirnareale für das Lösen der Aufgabe nutzen. Zudem kann Bilingualismus vor Krankheiten, die häufig im fortgeschrittenen Alter auftreten, wie zum Beispiel Demenz, schützen. So bemerken Menschen, die zwei Sprachen fließend sprechen, Demenz-Symptome durchschnittlich fünf Jahre später als Menschen, die nur eine Sprache beherrschen. 

Der beste Zeitpunkt um eine Sprache zu lernen ist früh im Leben 

Zahlreiche Studien belegen, dass die Fähigkeit eine neue Sprache zu erlernen in den ersten Lebensjahren am stärksten ausgeprägt ist und mit zunehmendem Alter immer weiter nachlässt. Sowohl biologische Mechanismen als auch die Umweltfaktoren, mit denen Kinder in den ersten Lebensjahren konfrontiert sind, scheinen für das Erlernen von Sprachen vorteilhaft zu sein. So konnten Wissenschaftler feststellen, dass aufgrund der Veränderungen, die mit der fortschreitenden Gehirnentwicklung verbunden sind, unser Gehirn in den ersten Lebensjahren am besten für das Erlernen einer neuen Sprache geeignet sind. Zudem belegen Untersuchungen, dass die Art, wie Eltern mit ihren Kindern sprechen, sowie die große Menge von Wörtern, die Kinder in den ersten Lebensjahren hören, vorteilhaft für die Sprachentwicklung sind. Die Eltern von kleinen Kindern geben sich beispielsweise meist große Mühe die Aufmerksamkeit ihrer Kinder zu erwecken, wenn sie mit ihnen reden und verwenden eine Sprache, die weder zu einfach noch zu komplex ist. 

Qualität und Quantität der Erfahrung mit der zweiten Sprache sind von Bedeutung für einen erfolgreichen Lernprozess 

Das frühe Erlernen von zwei Sprachen ist also mit vielen Vorteilen für Dein Kind verbunden. Außerdem scheinen, solange die beide Sprachen, mit denen das Kind aufwächst, auf einem hohen Niveau gesprochen werden, keine offensichtlichen Nachteile, wie Sprachstörungen, mit dem frühen Erlernen von zwei Sprachen verbunden zu sein. Um zu gewährleisten, dass Dein Kind gut ausgeprägte Sprachkompetenzen entwickelt, solltest Du allerdings darauf achten, dass Dein Kind die zweite Sprache ebenfalls ausreichend häufig zu hören bekommt. Studien belegen zudem, dass Kinder eine zweite Sprache am besten lernen, wenn sie die Sprache nicht nur passiv aufnehmen, sondern aktiv am Umgang mit Menschen, die diese Sprache sprechen, teilnehmen. 

Zahlreiche Faktoren spielen für die gesunde Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten eine Rolle. Beispielsweise können neben genetischen Voraussetzungen die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft sowie die frühkindliche Umgebung, in der ihr Kind aufwächst, die Gehirnentwicklung und somit die kognitiven Fähigkeiten prägen. So können auch das Sprechen von mehreren Sprachen, die in der direkten Umgebung Deines Kindes gesprochen werden, die Gehirnentwicklung Deines Kindes beeinflussen. Solange Du sicher stellst, dass Dein Kind auch der zweiten Sprache ausreichend ausgesetzt ist und beide Sprachen auf einem hohen Niveau gesprochen werden, kannst Du somit mit einer bilingualen Erziehung einen positiven Beitrag zu der gesunden Entwicklung Deines Kindes beitragen. 

Hier noch einmal das Wichtigste in Kürze: 

  • Das Erlernen von zwei Sprachen in den ersten Lebensjahren im Rahmen einer bilingualen Erziehung ist mit mehr Vorteilen als Nachteilen für die Entwicklung Deines Kindes verbunden 
  • Eine bilinguale Erziehung fördert beispielsweise die Fähigkeit der Selbstkontrolle bei Deinem Kind
  • Zudem fällt es Kindern, die mehrere Sprachen sprechen, häufig leichter neue Wörter zu lernen 
  • Das Beherrschen von mehreren Sprachen wirkt außerdem dem Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten im Alter, sowie der Entwicklung unterschiedlicher Krankheiten, wie zum Beispiel Demenz, entgegen 
  • Auf Grund biologischer Mechanismen und den Charakteristiken der Umgebung von Kindern in den ersten Lebensjahren, lernen Menschen neue Sprachen am erfolgreichsten früh im Leben 
  • Um beide Sprachen erfolgreich zu lernen spielen dabei sowohl die Qualität als auch die Quantität, mit der die Sprachen gesprochen werden, eine Rolle

Referenzen:

Byers-Heinlein, K., & Lew-Williams, C. Bilingualism in the early years: What the science says. LEARNing Landscapes, 7(1), 95-112. 2013.doi:10.36510/learnland.v7i1.632

Marian, V., & Shook, A. The cognitive benefits of being bilingual. Cerebrum : the uences-of-early-bilingualism 2012. 

Dana forum on brain science, 2012, 13.

Yoshida, H. (2016, October 31). The cognitive consequences of early bilingualism. Retrieved February 19, 2021; URL: https://www.fcd-us.org/the-cognitive-conseq

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