Ein Dammriss ist die häufigste Verletzung bei der Geburt und tritt bei jeder zehnten Geburt auf. Du kannst das Risiko, einen Dammriss zu erleiden, senken. Wir zeigen Dir, welche Methoden wirksam sind.

Dammriss – die häufigste Verletzung bei der Geburt

Als Dammriss wird das Einreißen des kurzen Bereichs zwischen Vagina und After bezeichnet. Der Dammbereich besteht aus verschiedenen Gewebearten wie Haut, Muskeln und Fett, sowie Blut – und Nervengefäßen. Vor allem der mittlere Bereich des Damms besteht nur aus einer relativ dünnen Hautschicht, weswegen es in diesem Bereich zu den meisten Geburtsverletzungen kommt.


Ein Dammriss tritt auf, wenn dieser Bereich bei der Geburt zu stark gedehnt wird und infolgedessen reißt. Ob ein Dammriss auftritt, hängt von Faktoren wie Schädel- und Schultergröße des Kindes, Haltung des Kindes bei der Geburt und Höhe und Dehnungsfähigkeit des mütterlichen Gewebes ab. Auch spielt das Alter der Gebärenden eine Rolle: Das Alter der Mutter hat oft Einfluss auf den Stoffwechsel des Babys. Kinder die mehr wiegen (> 4000 Gramm) und im Schnitt größer sind, bergen ein größeres Risiko, bei der Geburt den Damm zu reißen. Auch tritt ein Dammriss deutlich häufiger bei der ersten Geburt auf. Bei nachfolgenden Geburten ist die Muskulatur bereits durch die erste Geburt optimal vorgedehnt und reißt somit seltener.

Je nach Tiefe des Risses unterscheidet man vier verschiedene Schweregrad-Typen:
                                                                                                                                                                        Dammriss Grad I: Nur die Haut sowie Unterhautgewebe wurden verletzt

Dammriss Grad II: Riss der Dammmuskulatur

Dammriss Grad III: Riss betrifft nicht nur die Dammmuskulatur sondern auch den Schließmuskel des Afters

Dammriss Grad IV: Riss reicht bis in die Schleimhaut des Rektums hinein

Ein Dammriss wird bei der Geburt meist von der Mutter nicht wahrgenommen, da er in dem Moment der Kopfgeburt weit und weich gedehnt ist und somit die Nerven nicht so sensibel sind. Vor allem Verletzungen des Grades drei und vier können Frauen noch Wochen und Monate nach der Geburt Probleme bereiten. Dinge wie sportliche Aktivitäten, Stuhlgang oder Sitzen können schmerzhaft und unangenehm sein. In sehr seltenen Fällen kann es bei schwerwiegenden Rissen dauerhaft zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Stuhlinkontinenz kommen. 

Was kann man präventiv gegen einen Dammriss tun?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man vorbeugend machen kann, um die Wahrscheinlichkeit eines Dammrisses zu vermindern. Die hier vorgestellten Methoden stellen keine Garantie darauf, dass ein Dammriss verhindert werden kann, können aber vorbeugend helfen. Ziehst Du eine Methode in Betracht, solltest Du diese vorher mit Deiner Hebamme absprechen.

Beckenbodentraining und Gymnastik:

Ein gezieltes Training des Beckenbodens kann die Muskulatur stärken und so die Dehnungsfähigkeit verbessern. Die Übungen sollten in der Schwangerschaft regelmäßig gemacht werden. Es empfiehlt sich zudem spezielle Entspannungs- und Atemübungen zu praktizieren, um Körper und Geist im Stressfall beruhigen zu können. Gerne können auch Meditationen aus dem Hypnobirthing helfen, Dich auf den Moment der Kopfgeburt vorzubereiten. Diese kannst Du in der Schwangerschaft wiederholt üben, um dann im Moment, in dem sich der Damm dehnt, ruhig zu bleiben und Dein Kind sanft hin auszuatmen. 

Auch Gymnastik kann helfen, den Damm zu dehnen. Folgende Übung ist dafür zu empfehlen: Du setzt Dich so hin als würdest Du dich in den Schneidersitz setzen, presst dann Deine Fußsohlen gegeneinander. Du solltest diese Position ein paar Minuten halten und ca. sechs Wochen vor der Geburt täglich machen.

Dammmassage: Diese Methode ist die wohl wichtigste Vorbereitung auf eine Geburt. Durch eine gezielte Massage im Dammbereich wird nicht nur die Durchblutung angeregt, sondern auch die Dehnungsfähigkeit des Muskels verbessert. Bei der Dammmassage wird der Daumen bis zu drei Zentimeter in die Vagina eingeführt. Mit Zeige- und Mittelfinger wird von außen u-förmig Richtung Damm massiert. Diese Massage soll den Körper schon leicht an die Dehnung einer Geburt gewöhnen, zudem wird die Durchblutung angeregt. Als Hilfsmittel kann man spezielle Massageöle verwenden, z.B. Weizenkeimöl. Es gibt zudem in vielen Drogerien Massageöle speziell für eine Dammmassage. Du solltest etwa sechs Wochen vor dem Entbindungstermin damit beginnen und die Massage etwa vier bis fünfmal die Woche für etwa zehn Minuten machen. Achte darauf, dass Deine Hände sauber sind und Deine Fingernägel nicht zu lang sind, damit Du nicht das empfindliche Gewebe verletzt. Gerade bei  den ersten Massageversuchen kann es helfen, vorher ein heißes Bad zu nehmen, um die Durchblutung zu fördern und die Muskulatur zu lockern.
Die Massage kannst Du entweder im Liegen oder z.B. im Bett angelehnt an ein großes Kissen durchführen. Die Massage kann auch von Deinem Partner ausgeführt werden. Kombiniere die Massage auch gerne mit einem bewussten (Aus-)atmen. Durch die Massage gewöhnst Du Dich an das Gefühl der Dehnung und kannst während der Geburt besser lockerlassen.

Heublumen-Dampfbad

Um das Gewebe zu lockern, eignen sich zudem Sitz-Dampfbäder. Du kannst diese ab der 38. Schwangerschaftswoche wöchentlich machen, ab dem errechneten Geburtstermin kannst Du sie sogar täglich machen. 

Die Wärme des Bades lockert die Muskulatur und macht das Gewebe geschmeidiger. Der Heublumenzusatz hat, je nach Zusammensetzung, eine antibiotische und antibakterielle Wirkweise und kann zudem bei Verkrampfungen und Blasenbeschwerden helfen. 

Für ein Heublumendampfbad gibst Du etwa eine Handvoll Heublumen in eine Schüssel mit heißem Wasser. Stelle die Schüssel in die Toilette und setze Dich darauf. Achte darauf, dass der Dampf nicht zu heiß ist! Um einen größeren Wärmeeffekt zu erzielen, kannst Du Dir eine dünne Decke oder ein Handtuch über die Beine legen. Das Dampfbad sollte etwa 10 – 15 Minuten lang sein. 

Hinweis: Falls Du allergisch gegen Heu- oder Gräserpollen bist, solltest Du keine Heublumen verwenden. Greife in diesem Fall auf andere getrocknete Kräuter oder Blumen zurück, z.B. Kamille.

Epi-No

Hierbei handelt es sich um einen Ballon, der in die Vagina eingeführt wird und dann vorsichtig mit Luft aufgepumpt wird. Muskeln und Gewebe werden so gedehnt und etwas gelockert. Der Ballon hat eine ähnliche Wirkung wie die Dammmassage und kann in einer Apotheke erworben werden. Da ein Dehnungsballon vorzeitige Wehen auslösen kann, sollte dies frühestens drei bis vier Wochen vor der Geburt in Betracht gezogen werden. Achte auf eine gute Hygiene, indem Du den EPI-No nach jedem Benutzen gut reinigst. Verbinde die Übungen auch wieder mit einer Meditation über die Kopfgeburt Deines Baby oder einer bewussten Atmung.

Eine optimale Geburtsposition 

Oftmals ist auch die Position bei der Geburt entscheidend darüber, wie sehr der Dammbereich gefordert wird. Vor allem in Position in Rückenlage liegt viel Gewicht und Spannung auf der Muskulatur, gerade dann, wenn Deine Beine weit zu Dir angezogen sind.Bei einer Geburt im Vierfüßler oder in der warmen Wanne wird die Muskulatur des Dammes entlastet. Sprich am besten mit Deiner Hebamme, welche Positionen für Dich angenehm sein könnten und einen Dammriss unwahrscheinlicher machen.

Atmung und Schieben

In der letzten Phase der Geburt wenn Du den Druck des Köpfchens auf Deinen Damm verspürt ist es wertvoll auf deinen Körper und dein Gefühl zu achten. Kristellerhilfe oder angeleitete Pressen von außen erhöhen das Risiko eines Risses. Gut ist es, wenn Du Dein Kind hinausatmest und in den letzten Wehen die Luft beim Ausatmen durch deine Lippen bremsen lässt. Übe dies schon in der Schwangerschaft und spreche mit deiner Hebamme darüber.

Was kannst Du nach einem Dammriss tun?

Auch wenn ein Dammriss etwa bei jeder zehnten Geburt auftritt, muss nur etwa jede dritte Frau genäht werden. Dammschnitte werden heute selten durchgeführt, da wissenschaftlich mittlerweile erwiesen wurde, dass Risse schneller heilen als Schnitte. Oftmals sind es kleinere, oberflächliche Risse, die auftreten. Diese heilen in der Regel unkompliziert von allein ab. Bei Dammverletzungen von Grad zwei bis vier muss meistens genäht werden. 

Hast Du eine Geburtsverletzung davongetragen, solltest Dir auf jeden Fall erstmal viel Ruhe im Wochenbett gönnen und langsam machen, das heißt nur Liegen und seltenes aufstehen und fünf Tage nicht sitzen. Es hilft, den betroffenen Dammbereich zu kühlen, z.B. mit einem Kühlpad. Du kannst aber auch gerne Binden mit Wasser oder Öl tränken und diese einfrieren, meist sind diese dann nicht ganz so kalt wie die Kühlpads. Die Naht sollte auf jeden Fall sauber gehalten werden, d.h. Du solltest die Wunde regelmäßig mit Wasser säubern und alle paar Stunden Deine Binde wechseln, um Infektionen zu vermeiden. Spüle nach oder während jedem Toilettengang den Bereich ab, dafür kannst Du auch gerne eine Wundtinktur oder ein Wundspray auftragen. Wunden heilen in der Regel besser an der Luft ab, Du solltest deswegen regelmäßig etwas Luft an den Bereich lassen. Manchen Wöchnerinnen gefällt ein Sitzbad einmal am Tag für 10-15 Minuten. 

Vor allem bei größeren Rissen ist es empfehlenswert Dir Unterstützung im Haushalt zu holen, damit Du Dich auf die Heilung und Dein Baby konzentrieren kannst. Dein Kind solltest Du im Liegen stillen, um die Dammnaht möglichst wenig zu belasten. Wenn die Schmerzen stark sind, kann Dein Arzt / Deine Ärztin Dir ein geeignetes Schmerzmittel verschreiben. Falls sich die Naht entzünden sollte, solltest Du schnellstmöglich einen Arzt / eine Ärztin aufsuchen. Bei Unsicherheiten, zur Naht kannst Du Deine Hebamme fragen, sie wird sich die Verletzung regelmäßig anschauen. Diese kann Dir auch gerne, falls nötig, die Fäden der Naht entfernen. Meistens lösen sie sich selbst auf. In manchen  Fällen ist es jedoch erleichternd wenn die Hebamme diese nach kurzer Zeit entfernt. Nach vier Wochen kannst Du Deine Narbe massieren. Vielleicht ist ja noch etwas Dammmassageöl übrig. 

Hier nochmal das Wichtigste in Kürze:

  • Dammrisse treten bei fast jeder zehnten Geburt auf. Nur ein geringer Teil davon muss genäht werden. 
  • Ob der Damm reißt, hängt u.a. von verschiedenen Faktoren wie Alter der Gebärenden, Geburtsposition, Gewicht und Schädelumfang des Kindes und Elastizität des Gewebes ab.
  • Man kann das Risiko, einen Dammriss zu erleiden, senken. Eine hundertprozentige Garantie gibt es allerdings nicht.
  • Methoden, die dabei helfen können, den Damm elastischer zu machen sind beispielsweise Dammmassagen, Heublumendampfbäder und Beckenbodengymnastik.
  • Im Falle einer Naht muss diese gut gepflegt werden, um eine Infektion zu vermeiden. Du solltest die Wunde regelmäßig mit Wasser säubern und Dir generell viel Ruhe gönnen. Bei Unsicherheiten solltest Du Dich immer an Deinen Arzt / Deine Ärztin oder Deine Hebamme wenden.

Referenzen:

Deutsche Hebammen Zeitschrift. Sphinkerverletzungen. Erkennen, versorgen, respektieren. [zuletzt zitiert am 19.05.2022] URL: https://www.dhz-online.de/no_cache/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-abo/artikel/erkennen-versorgen-respektieren/

Stadelmann I. Die Hebammen-Sprechstunde. Wiggensbach: Stadelmann Verlag. 2005.

Schönberne P, Rockel-Loenhoff A. & Harder U. Mütterliche Geburtsverletzungen und Nahtversorgung. Hebammenkunde. Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf 2013.

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