Beim Thema Stillen sehen sich viele Mütter mit längst überholten Stillmythen konfrontiert. Muss man beispielsweise wirklich die Brustwarzen abhärten? Wir räumen mit den gängigsten Ammenmärchen auf!

Brustwarzen abhärten und Co.: An diesen Stillmythen ist nichts dran

Als werdende Eltern möchte man bestmöglich auf den kommenden Nachwuchs vorbereitet sein. Vor allem beim Thema Stillen sehen sich viele Mütter mit Unsicherheiten und längst überholten Mythen über das Stillen konfrontiert. Muss man die Brustwarzen abhärten? Kann man zu dünne Milch produzieren? Wir räumen mit den gängigsten Ammenmärchen auf.

Brustwarzen abhärten

So manche Mutter wird während ihrer Recherche über diverse Ratschläge zum Abhärten der Brustwarzen stolpern. Allerdings sind Tipps, wie Bürstenmassagen oder Einreiben mit Zitronensaft, nicht nur schmerzhaft, sondern zum Teil auch schädlich für die Brust, da die natürliche Schutzschicht der Haut Schaden nehmen kann. Wunde Brustwarzen entstehen in der Regel durch eine falsche Anlegetechnik. Eine Hebamme oder Stillberaterin kann Dir bei der Korrektur helfen sowie bei der Empfehlung von einigen Hilfsmitteln. Beispielsweise können Stillhütchen oder spezielle Cremes, Zinnhütchen oder auch eine Lasertherapie Abhilfe schaffen. Generell sollte man öfter Luft an die Brustwarzen lassen, auch Wechselduschen werden empfohlen.

Vom Stillen bekommt man Hängebrüste

Im Laufe der Schwangerschaft verändert sich die Brust, da das Brustdrüsengewebe wächst, um sich auf die Stillzeit vorzubereiten. Stillen führt aber keineswegs zu Hängebrüsten. Die Struktur und das Aussehen der Brust haben vielmehr mit der Bindegewebsstruktur und dem Alter der Frau zu tun. In der Regel verändert sich die Brust nach jeder Schwangerschaft, allerdings konnte in Studien kein negativer Effekt des Stillens auf die Bruststruktur beobachtet werden. Allerdings kann sich beispielsweise das Rauchverhalten negativ auf die Elastizität der Haut auswirken, da das Protein Elastin dadurch abgebaut wird.

Zu kleine Brüste zum Stillen

Die Größe des Busens hat keine Relevanz dafür, ob man gut oder schlecht stillen kann. Ein kleiner Busen hat genauso viel Brustdrüsengewebe wie ein großer Busen und produziert keineswegs weniger Milch, wie oft noch der Irrglaube ist. Es gibt zwar Frauen, die zu wenig Brustdrüsengewebe ausbilden können, der Prozentsatz ist allerdings sehr gering.

Stillmythen: Zu dünne oder zu wenig Milch

In der Regel ist die Muttermilch bei einem gesunden Lebensstil der Mutter optimal für ihr Kind ausgerichtet. Sie enthält unter anderem alle wichtigen Vitamine, Kohlenhydrate und Proteine, die für das Wachstum des Babys wichtig sind und kann im Sinne der Zusammensetzung somit nicht „zu dünn“ sein. Optisch kann die Muttermilch beim Anlegen jedoch etwas wässrig aussehen. Dies ist allerdings ganz normal, da sich erst nach einigen Minuten des Stillens der Fettanteil der Milch erhöht und die Milch so kalorienreicher wird. Die Milchmenge wiederum wird davon bestimmt, wie oft man das Baby anlegt. Durch das häufige Ansaugen wird das Hormon Prolaktin angeregt, das für die Milchbildung zuständig ist.

In der Stillzeit darf man keine Medikamente einnehmen

Auch dieser hartnäckige Mythos Bedarf einer Richtigstellung. Jede Mutter kann im Laufe der Stillzeit krank werden. Man sollte zwar zunächst eine nichtmedikamentöse Behandlung in Betracht ziehen, jedoch kann bei Bedarf auch medikamentös behandelt werden. Im Beipackzettel ist zudem immer aufgeführt, ob es sich um ein stillfreundliches Medikament handelt. Mittlerweile gibt es eine breite Auswahl an sicheren Medikamenten auf dem Markt, die in der Stillzeit geeignet sind. Hier gilt jedoch auch: Im Zweifelsfall immer vorher mit dem Arzt absprechen. Hier findest Du eine gute Übersicht über Medikamente, die in der Stillzeit zugelassen sind.

Weiche Brüste in der Stillzeit bedeuten: Die Milch ist weg

Nach sechs Wochen werden die Brüste weicher, weil sie sich auf die Trinkmenge des Babys eingestellt haben. Etwa zeitgleich erreichen die täglichen Schreiphasen des Babys einen Höhepunkt. Es hat zudem einen Wachstumsschub und verlangt häufiger nach der Brust. Viele Mütter glauben dann, ihre Milch sei zurückgegangen und fangen an, Flaschennahrung zu füttern, obwohl dies nicht nötig wäre.

Erst das Baby an die Brust legen, wenn es richtig hungrig ist

Zu warten, bis das Baby richtig hungrig ist, macht das Anlegen nicht einfacher. Ein hektisches, schreiendes Baby anzulegen ist schwieriger, da seine Bewegungen unkoordinierter sind. Hier kannst du nachlesen, welche Hungerzeichen Dein Baby Dir schon vor dem Schreien gibt.

Das Baby braucht zwei Stunden Verdauungspause

Oft wird dazu geraten, das Baby frühestens nach zwei Stunden wieder zu stillen, damit sich in seinem Magen nicht frische Milch mit halb verdauter Milch mischt und es dadurch zu Verdauungsproblemen kommt. Dieser Rat galt für die früher sehr schwer verdauliche Flaschennahrung und wurde auf die Muttermilch übertragen. Muttermilch wird aber schnell verdaut. Bereits während des Saugens an der Brust mischt sich im Magen frische Muttermilch mit verdauter. Wäre dies ein Problem, müssten alle Stillbabys ständig unter Bauchweh leiden.

Die Brust soll nicht zum Nuckeln benutzt werden

Ein Baby benutzt die Brust nicht als Ersatz für einen Schnuller. Non-nutritives Saugen ist das normale Saugmuster, während weniger Milch fließt. Es stimuliert einen neuen Milchspendereflex und unterstützt die Verdauungstätigkeit des Babys. Der Saugreflex ist normalerweise an Hunger gekoppelt. Babys, die saugen wollen, brauchen in der Regel Nahrung. Ein Schnuller ist daher nur ein schlechter Ersatz für das Original.

Flaschenkinder schlafen länger

Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine extra Flasche mit Säuglingsnahrung oder Beikost am Abend die Schlafphasen des Babys verlängern. Stattdessen kann die unnötige Zufütterung mit der Flasche oder zu frühes Füttern von Beikost sogar nächtliche Verdauungsprobleme verursachen, die Milchmenge reduzieren und damit zu einem ungewollten vorzeitigen Abstillen führen.

Stillen zehrt die Mutter aus

Es stimmt nicht, dass Stillen die Mutter auszehrt. Im Gegenteil: Je länger eine Mutter stillt, desto größer sind die gesundheitlichen Vorteile für sie. Der weibliche Körper ist auf jahrelanges Stillen eingestellt, denn Stillen ist an sich nicht anstrengend. Das Leben mit einem Baby kann jedoch manchmal anstrengend sein, egal wie es ernährt wird. Stillen in entspannter Position stellt daher oft sogar eine erholsame Pause im turbulenten Alltag dar. Die Tatsache, dass Mütter beim Stillen müde werden, zeigt lediglich, dass die Stillhormone ihre beruhigende Wirkung entfalten.

Stillende Mütter müssen bei der Ernährung aufpassen

Stillbabys bekommen keine Blähungen, wenn die Mutter Zwiebeln, Hülsenfrüchte, Kohlgemüse oder kohlensäurehaltige Getränke zu sich nimmt. Darmgase entstehen bei der Verarbeitung von Faserstoffen (Ballaststoffen) durch die Darmbakterien und können bei der Mutter Blähungen auslösen. Der größte Anteil der Darmgase wird jedoch mit dem Atmen über die Lunge ausgeschieden. Darmgase oder Kohlensäure gelangen nicht durch die Brustdrüsen in die Muttermilch. Auch säurehaltiges Obst in der Stillzeit verursacht keinen wunden Po beim Baby, da es den pH-Wert des mütterlichen Blutplasmas nicht verändert. Daher wird auch weder die Muttermilch, noch der Urin des Babys durch Obstsäuren „sauer“. Zudem liegt der pH-Wert von Urin ohnehin im leicht sauren bis sauren Bereich.

Hier findest Du noch ein paar nützliche Tipps, um Dich perfekt auf die Stillzeit vorzubereiten.

Referenzen:

Karall D. Stillen und Stillberatung. Monatsschrift Kinderheilkunde 2020. Volume 168: 547–560.

Gresens R. Intuitives Stillen. München: Kösel-Verlag; 2016.

Rinker B. The Effect of Breastfeeding on Breast Aesthetics. Aesthetic Surgery Journal 2008; 28: 534–537.

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